New Change

Mit Conscious Leadership Change-Prozesse positiv beeinflussen

Führungskräfte spielen eine zentrale Rolle bei den meisten Veränderungsvorhaben. Dementsprechend viel wurde auch schon über Führung im Wandel geschrieben. Dabei hat man das Bewusstsein, aus dem heraus eine Führungskraft agiert, jedoch oft vernachlässigt. Das Wissen darum ist jedoch erfolgskritisch, weil die Bewusstseinsebene maßgeblich beeinflusst, wie Top-Manager ein Veränderungsvorhaben gestalten und wie sie ihre Mitarbeiter führen. 

 

Um eine erfolgreiche Zukunft zu planen, arbeiten Unternehmen oft brillante Strategien aus, um dann ernüchtert festzustellen, dass sie gar nicht die benötigten Leadership-Fähigkeiten in der Organisation haben, um die großen Visionen zu verwirklichen. Nach William Torbert besitzen nur 5 Prozent der Führungskräfte die fortgeschrittenen mentalen, emotionalen und sozialen Kapazitäten, um Organisationen erfolgreich zu transformieren. 

Somit ist es ein zentraler Erfolgsfaktor, das Führungspotenzial in der Organisation gezielt weiterzuentwickeln. Doch es geht hier nicht um ein weiteres, traditionelles Leadership Development Programm, sondern um einen Quantensprung der mentalen und emotionalen Fähigkeiten, wie es Harvard Professor Robert Kegan ausdrückt. Er vergleicht das benötigte „vertikale Lernen“ mit einem Upgrade des Betriebssystems für einen PC (englisch: Operating System bzw. OS). 

 

Upgrade des Leadership OS 

Durch bewusste Transformation des Denkens, Fühlens und der Interpretationsfähigkeit wird das Mindset des Leaders verändert. Dabei bilden sich neue neuronale Verknüpfungen im Gehirn und ermöglichen völlig neue Führungskompetenzen und -kapazitäten. Durch eine deutlich erweiterte Wahrnehmung kann die Führungskraft zusätzliche Perspektiven einnehmen und ganzheitlichere Entscheidungen treffen. Eine Steigerung des zwischenmenschlichen Bewusstseins führt zu größerer Empathie und vertrauensvoller Zusammenarbeit. Das Aktivieren von intuitiver und kollektiver Intelligenz ermöglicht kreatives, nichtlineares Denken und ermöglicht innovativere Lösungen, auch in Veränderungsprozessen, bei denen Emotionen, Unsicherheit und Angst eine große Rolle spielen. 

 

Die sieben Ebenen des Bewusstseins 

Die Evolution lehrt uns, dass sich das Bewusstsein der Menschen in Stufen entwickelt. Richard Barrett hat vor einigen Jahren ein Modell erschaffen, um diese Entwicklung für Personen, Teams und Organisationen sichtbar zu machen. Er erkannte, dass das, WAS die Menschen tun, von der Erfüllung ihrer Bedürfnisse angetrieben wird. WIE sie diese Handlungen ausführen, hängt jedoch von dem Bewusstseinslevel ab, von dem sie agieren. Barrett entwickelte aus der Bedürfnispyramide von Maslow ein siebenstufiges Bewusstseinsmodell. 

Quelle: Barrett Values Centre 

In den ersten drei Ebenen zeigen die Führungskräfte sowohl gesunde als auch ungesunde Verhaltensweisen. Das ungesunde Verhalten ergibt sich aus den bewussten oder unbewussten Ängsten der Führungskräfte, zum Beispiel: „Ich bin nicht gut genug.“ Auf Ebene 4 haben es die Führungskräfte geschafft, ihre Ängste zu meistern. Diese erfolgreiche Selbstführung öffnet den Weg in die höheren Bewusstseinsebenen 5 bis 7. Dort wird das Eigeninteresse zunehmend dem nachhaltigen Wohlergehen des Teams, der Organisation oder der Gesellschaft untergeordnet. Die erfolgreichsten Führungskräfte können auf allen sieben Bewusstseinsebenen agieren. Barrett nennt sie „Full Spectrum Leader“. 
 
Verschiedene Forscher haben das Thema in Bezug auf Unternehmenskontexte hin untersucht. Ken Wilber hat die dynamischen Zusammenhänge zwischen dem Bewusstsein der Führungskraft und dem sich anpassenden Verhalten der Organisation aufgezeigt. Clare Graves zeigte empirisch, dass die Effektivität der Mitarbeiter zunimmt, je höher sich die Organisation in ihrem Bewusstsein entwickelt hat. William Torbert fand heraus, dass die Entwicklungsstufe der Geschäftsleitung in beträchtlichem Ausmaß den Erfolg großer Transformationsprogramme bestimmt. Damit wird die eigene Bewusstseinsentwicklung zur wichtigsten Führungsaufgabe der Zukunft. 

 

Consciousness als Erfolgsfaktor für nachhaltige Veränderung 

Aus Tausenden von Assessments über die letzten zwölf Jahre weiß man, dass die erfolgreichsten Unternehmen diejenigen sind, an deren Spitze „Full Spectrum Leader“ stehen. Die meisten westlichen Organisationen agieren heute auf den unteren Ebenen, mit einem Schwerpunkt auf Ebene 3, bei der es um High Performance geht. Dabei entstehen oft ungesunde Unternehmenskulturen, was sich auch an hohen Stress- und Burnout-Raten ablesen lässt. Hochleistung und finanzieller Gewinn sind natürliche Merkmale der erfolgreichsten Unternehmen. 
Der Unterschied in den Organisationen, die vorrangig von den oberen drei Ebenen 7, 6 und 5 operieren, ist die Art der Motivation. Diese Organisationen werden nicht durch Angst, zum Beispiel von der Konkurrenz überholt zu werden, angetrieben, sondern durch einen sinnvollen Zweck und dem Gefühl, einen positiven Beitrag für die Welt zu leisten. 
 
Amy Edmondson und die „Google Aristoteles-Studie“ belegen, dass „psychologische Sicherheit“ die Grundvoraussetzung für Hochleistung ist. Diese entsteht dann, wenn Angst in der Kultur der Organisation keine große Rolle mehr spielt. Bei der zugehörigen Transformation nehmen die Führungskräfte eine Schlüsselposition ein. Conscious Leadership Development Programme unterstützen Führungskräfte dabei, bewusste und unbewusste Ängste zu meistern, Potenziale zu entfalten und über heutige Begrenzungen hinauszuwachsen. Diese persönliche Transformation der Leader beschleunigt wiederum den Kulturwandel der gesamten Organisation. 
 
Vor einiger Zeit hat eine südafrikanische Bank die Assessmentdaten der letzten zehn Jahre veröffentlicht. Kontinuierlich hat sie ihre Entropie (eine Kennzahl für angstgetriebene Kultur) reduziert. Sie ist schneller als die Konkurrenz aus der Bankenkrise herausgekommen und hat ihre Gewinne vervielfacht. 
Eine australische Studie hat über drei Jahre 163 Organisationen untersucht und zeigte auf, dass der Umsatz von Unternehmen mit geringer Entropie dreimal schneller wächst, als der Umsatz von Unternehmen mit hoher Entropie. Auch der direkte Zusammenhang von niedriger Entropie und hohem Mitarbeiterengagement konnte klar nachgewiesen werden. 

 

Die Chance für die Personalabteilung 

Conscious Leadership Development Programme zielen auf die Freisetzung des vollen menschlichen Potenzials ab. Deswegen wird Conscious Leadership bei Unternehmen in den USA immer beliebter und verbreitet sich durch internationale Bewegungen wie Conscious Capitalism auch in Europa. 
 
Während Kulturtransformationen immer öfter von operativen Vorständen geleitet werden, ist das Thema Persönlichkeitsentwicklung fest in der Personalabteilung angesiedelt. Damit fällt es in die Verantwortung von HR, diesen Zukunftstrend zu entdecken und zu nutzen. Neurowissenschaftliche Forschungen untermauern die positive Wirkung von höheren Bewusstseinsstufen auf die Qualität von Entscheidungen und den unternehmerischen Erfolg. Mit diesem Wissen ist es leichter, den Vorstand dafür zu begeistern, denn es gehört schließlich eine große Portion Mut dazu, über die eigenen Ängste hinauszuwachsen. 

 

*Die Artikel der Serie #NewChange sind zuerst in der Zeitschrift Personalwirtschaft erschienen // Personalwirtschaft │ Das Portal für den Job HR

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