

Design als Erfolgsfaktor im Change
Design ist mehr als Form: Mit seiner Fähigkeit, Komplexität zu durchdringen, die Zukunft greifbar zu machen oder Wechselwirkungen im größeren Zusammenhang zu verdeutlichen, kann Design Change-Prozesse aktiv gestalten.
Die Qualitäten von Designern sind heute relevanter denn je. Um das Potenzial von Design in Unternehmen vollständig wirksam werden zu lassen, sollten Organisationen aktiv zu dessen Entfaltung beitragen und Kreativität tief in der Unternehmenskultur verankern. Warum das wichtig ist, wie es gelingt und wie HR durch ein zeitgemäßes Designverständnis dazu beitragen kann, Wandel als Chance zu begreifen, damit beschäftigt sich dieser Artikel.
Was Design im Change leisten kann
Vorab: Design ist eine Gestaltungsdisziplin, bei der es nicht immer um Produkte geht. Sie gestaltet zum Beispiel das Aussehen und die Funktionsweise von Services wie das Einchecken am Flughafen. Lange als Lifestyle-Disziplin missverstanden, kommt dem Design heute vor allem auch eine wichtige Rolle bei der Gestaltung von gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Wandel zu. Seit Jahren zeichnet sich eine stärkere Wertschätzung und eine intensivere Integration von Design in Unternehmen ab. So wurden seit 2004 weltweit 70 Designfirmen von Unternehmen wie Accenture oder McKinsey erworben. Allein 50 Prozent davon in den Jahren 2015 und 2016. Facebook, Amazon und Google vergrößerten ihre Kreativabteilungen innerhalb von zwei Jahren um 65 Prozent.
Die Unternehmen, die diesen Trend gestalten, haben längst ihr Verständnis von Design erweitert. Sie haben gelernt, dass Design ein wichtiger Faktor und Partner bei Veränderungsprozessen sein kann, weil es verschiedene Disziplinen, Kompetenzen und Abteilungen vernetzt, komplexe Zusammenhänge darzustellen vermag und weil es Visionen entwerfen und Begeisterung für deren Umsetzung im Unternehmen gestalten kann. Wir möchten auf fünf Aspekte näher eingehen, die Design für Unternehmen immer attraktiver machen:
Für Veränderungen begeistern: Menschen stehen Veränderungen häufig kritisch gegenüber. Design kann Wandel positiv besetzen, weil es potenziellen Veränderungen ein Gesicht gibt, indem es Unbekanntes visualisiert und greifbar macht. Design kann emotionalisieren und das Bild von der Zukunft als gestaltete Erlebnisse oder Experimente erfahrbar machen. Sätze wie: „Wir müssen unser komplettes Portfolio neu denken“ werden besser bei der Belegschaft ankommen, wenn gleichzeitig erste Ideen mittels Skizzen präsentiert werden, die das Gesagte greifbar machen. Bereits hier ist schon Design am Werk.
Visionen kreieren und umsetzen: Vorstellungen von der Zukunft sind meist vage. So sprechen bei Veränderungsprozessen oft viele Menschen über unterschiedliche Dinge, ohne es zu bemerken. Design ist spielerisch und experimentell, nutzt Inspirationen und verschiedene Sichtweisen können damit schnell und einfach dargestellt werden. Das erleichtert die Diskussion und den Weg zu einem gemeinsamen Verständnis von Veränderung.
Von Menschen mit Menschen: Die Designdisziplin stellt den Menschen in den Mittelpunkt jeder Überlegung. Während Unternehmen Probleme meist lösen, indem sie von den eigenen Bedürfnissen ausgehen, stellt das Design den Menschen in den Mittelpunkt der Problemlösung. So sorgt Design nicht nur für relevante Lösungen, sondern lebt auch die Grundhaltung für Wandel vor.
Vernetzt und integrierend: Unternehmen sind häufig geprägt von Silos, fehlender Vernetzung und mangelnder Kommunikation: Mit seinen sehr eigenen Methoden und Prozessen kann Design hier wie ein verbindendes Nervensystem wirken. Es durchdringt Komplexität, erkennt fehlende Verbindungen und stößt ein sinnvolles Agieren der richtigen Partner an. Es begleitet die Teams im Unternehmen dabei, Wege zu Kollaboration und engem Austausch zu finden und bringt sie in neuen Konstellationen zusammen. Das eröffnet Kreativpotenziale.
Design gestaltet Wertschöpfung: Design ist Teil der Wertschöpfungskette und identifiziert neue, relevante Möglichkeiten. Neben neuen Angeboten gestaltet es jedoch mittels kreativer Methoden und Tools auch die Wertschöpfung selbst mit. So hinterfragt es beispielsweise kritisch, ob die Wertschöpfungskette selbst bereits genug am Kunden orientiert ist.
Vom Produktdesign zum strategischen Design

Unternehmen, die das gesamte Potenzial von Design für Change verstanden haben, nutzen es also nicht nur, um ihre Angebote zu differenzieren, sondern um Erlebnisse, Services und die eigene Wertschöpfung mitzugestalten. Diejenigen Unternehmen, die dabei am erfolgreichsten sind, haben in ihrem Kern eine kreative Grundhaltung, eine Designkultur verankert, die sich über die gesamte Organisation erstreckt. Ein Zustand, bei dem „Design als Strategie“ verankert ist. Geprägt wurde der Begriff vom Danish Design Institute, dessen Design-Systematisierungs-Tool evaluiert, auf welchem Entwicklungsstand sich eine Organisation befindet: von „No Design“ über „Design als Formgeber“ und „Design als Prozess“ bis zu „Design als Unternehmensstrategie“ (siehe Grafik).
Design einen Playground geben
Eine Designkultur muss aktiv entwickelt werden. Dies ist eine Aufgabe auch für die HR-Abteilung. Doch wie „ticken“ und arbeiten Kreative? Designer schätzen Diversität und haben kein Problem mit dem Unbekannten. Sie suchen Widersprüche, Brüche, Diskussionen und Herausforderungen und adressieren diese genauso selbstbewusst wie der Betriebswirt die letzten Quartalszahlen. Eine Sicherheits- und Kontrollkultur benötigen sie nicht. Auch der Austausch untereinander und die Möglichkeit, sich von außen inspirieren zu lassen, sind für ihre Arbeit sehr wichtig. Um Design im Unternehmen ein Spielfeld zu bereiten, sollte es über die Designabteilung hinaus gedacht und in alle Abteilungen getragen/ im gesamten Unternehmen verankert werden.
Im Design kommt dem iterativen Erkenntnisprozess eine große Bedeutung zu und zwar in doppelter Hinsicht: Er wird durch das Bauen von Prototypen, durch experimentieren und einen spielerischen, inspirationsreichen Umgang mit dem Unbekannten vorangetrieben und ist somit die Lebensader der Kreativität. Durch ihn werden Lösungen zielgenau, sodass eine solide Brücke zwischen Strategie, Vision und Umsetzung entsteht.
Beispiele für den Einsatz von Design im Change
Der internationale Modekonzern Vanity Fair Group hat über 20 Fashion-Marken im Portfolio. Er beauftragte die zur BMW Group gehörende Designberatung Designworks, die Organisation übergreifend zu befähigen, Design erfolgreicher zu nutzen. Dazu wurden Handlungsfelder erarbeitet und das Designteam ging mit dem Gesamtunternehmen auf eine gemeinsame Reise: Die Design-Berater formierten übergreifende Leadership Teams, in die sie auch Disziplinen außerhalb der Designabteilung einbanden. Unter Moderation wurden inhaltliche aber auch kulturelle Themen diskutiert, die erstmals zur Definition einer übergreifenden Kreativ-Vision für das Unternehmen führten. Die vernetzenden Elemente von Design konnten hier zu voller Blüte gelangen: Der von den Designern vorgeschlagene Prozess und die Herangehensweise führten zu einem breiten Bekenntnis für das Resultat, erhöhten intern die Relevanz der gemeinsamen kreativen Stimme und sicherten sowohl eine langfristige gemeinsame Ausrichtung als auch ein kohärentes Kundenerlebnis.
Bei der Hamburger Hochbahn wird Design Thinking eingesetzt, um konsequent vom Kunden her zu denken, Dinge auszuprobieren und in bereichsübergreifenden Teams konkrete Herausforderungen zu bearbeiten. Das Ziel ist, noch konsequenter abteilungsübergreifend zusammenzuarbeiten und kundenorientiert zu agieren. Da eine nachhaltige Veränderung von Denkweisen nur durch intensive eigene Erfahrungen möglich wird, gibt es keine zweitägigen Schulungen, sondern eine mehrwöchige Design-Challenge mit 6 bis 7 Mitarbeitenden. Die Gruppen bearbeiten entweder konkrete Probleme im heutigen Business oder entwickeln Ideen für neue digitale Dienstleistungen. Ein Bereichsleiter tritt als Investor auf. Die Mitarbeitenden werden nicht nach ihren fachlichen Fähigkeiten ausgewählt, sondern nach ihrer Persönlichkeit, um ihr kreatives Potenzial zu wecken. Die Ergebnisse der Gruppen werden am Ende an den Investor übergeben und die Teammitglieder kommen mit einem neuen Erfahrungsschatz an ihren Arbeitsplatz zurück.
Wie kann HR beim Einsatz von Design im Change unterstützen?
Über die Schaffung eines zeitgemäßen, gemeinsamen Verständnisses von Design kann HR dazu beitragen, dass eine Designkultur entsteht, die durch ein gemeinsames Zielbild eine gewinnbringende Nutzung von Design über Abteilungs- und Bereichsgrenzen hinweg ermöglicht.
Dies ist der erste Schritt hin zu einer stärkeren Verankerung von Kreativität und Design im Unternehmen, um langfristig Wettbewerbsvorteile zu sichern.
*Die Artikel der Serie #NewChange sind zuerst in der Zeitschrift Personalwirtschaft erschienen // Personalwirtschaft │ Das Portal für den Job HR
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